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Arthur Køpckes Arkiv

1959-03-16

Sender

Werner Höll

Recipient

Arthur Køpcke

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Transcription

Reutlingen 16.3.59

Lieber Herr Köpcke,
die Bilder sind gut angekommen,
herzlichen Dank für rasche Erledigung und ebenso
für Ihren ausfürlichen Brief. Die letzten Wochen
war ich malade: Grippe + Bronchitis. Trotzdem
das Verpacken, Zollprüfungen, Versenden, Ab-
holen der Kiste u.s.w. und dazu ein Paar Bilder
gemalt, darunter 2 grosse. Das Malen, das
produktiven Malen, wenn es einen [?]
überfällt, kümmert mich nicht in dem phy-
sichen Zustand. Etwas Fieber scheint oft ganz gut.
Und jetzt, die Bilder nach 3 Monaten
sicher um mich versammelt, die neuen da-
neben. Resumée: der Stil klärt sich, was ist
das Resultat von 5 Jahren Arbeit, Übungen, Ver-
suchen aus Träumen, d.h. aus [?]
und [?] Erfahrungen, Realitäten zu machen:
Bilder. [?], in auswegloser Lage
(aller denkende Menschenlage), Kunst contra
Leben!
Was Sie zu meinen Bilder sagen, lieber
Herr Köpcke: die (dekorative) Flächenordnung
als oberstes Prinzip, verlangen Sie, das gleiche in
dem Farben, schon im Kalt - Warm als Aequiva-
lente. Gut. Ihre Auswahl der 2 Blätter ist im
diesen Hintersicht ein Fingerzeig. Ordnung ist selbst-
verständliche Voraussetzung, aber besser muss
das Resultat sein, schliesslich, sonst handelt es
sich wohl kaum um Kunst. Aber welche Ordnung?
Weshalb malt man eigentlich Bilder mit so viel
Mühe und so grossen [?]? Was ist denn das
heute, ein Bild - überhaupt? Diese Frage steht für
mich am Anfang; die komplexe Antwort auf diese
komplexe Frage in einen paradoxen Satz gefasst:
Psykogramm im klassischer Ordnung!
Ist es verwunderlich, wenn das Pendel

noch hin und noch dort ausschlägt? Die Tage, die
Stunden, sind sehr verschieden (d.h. ich bin es!)
mal tendiert man zum konstruktiven, dann
wieder zum expressiven Pol; mal nach der gra-
fischen, dann wieder nach der farbigen Seite u.s.w.
Ich glaube, damit verklärt sich vieles, - nur nicht das
Originale. Und das ist mir das wichtigste. Besser
[?] und ohne sich zu früh festzulegen, als
akademisch perfekt! Auf keinen Fall: sich selbst
ettiketieren!
Die eigenen Räume, die einigen Zeiten
kann man nicht wollen, man kann sie höchstens
aus dem Unbewussten projizieren: Durch arbeiten!
Durch Ausdrucks versuche, emotional, dann spielt
das Kalkulation ein (Tachismus!) Dann später:
die Kritik, der Reflexion und wenn das alles wieder
vergessen ist, geht's sicher von neuen los. - Wer
allein ist, ist auch im Geheimnis, immer "steht
er in der Bilder fest...."
Wenn wir nach ein oder zwei Jahren
wieder eine Ausstellung machen wollen - und das
wäre nur sehr recht - dann werden Sie sicher eine
sehr einheitliche Kollektion zeigen können. Stil =
originaler Ausdruck! Man kann ihn nur er-
reichen, inden man sich "einkreist", immer
mehr sich auf das "Eigentliche" beschränkt und
man muss sich Zeit lassen dazu, Jahre, Jahrzehnte
vielleicht. (Das geht sicher auch für Gedichte.)

Zu Ihren Gedichten: das Herausstellen des
vergänglichen, des permanenten umsonst, dann
der Zauber den Innenwelt als Glanz über den Dingen,
über den Ereignissen, dann der typische Grundton
der Tragischen, die ununterbrochene Folge in ein
und demselben Monolog, das alle charakterisiert Ihren
Dichtung. So nehme ich sie auf, ohne kritische
Stellungnahme, dazu fühle ich mich nicht berechtigt
als "Malomane". Ich bin zu einsetzt, verkapsellt in
Farben und Linien; Räume - das wäre schon eine
Brücke zu den anderen Künsten, zur Musik und zur
Dichtung. Verwandtes spricht mich an. Es gibt die Ex-
pression und es gibt die Harmonie - da sind in be-
grentzte Möglichkeiten der Seinsformen im Dasein,

Existensen - aber es gibt mir eine einzige uni-
versale Harmonie. Meine 5 jährige Tochter
(Kinder sind Genies des universalen Harmonie)
ist mir Beispiel, Vorbild, Massstab, ja Lehrmeister:
Zeichnungen, abstrakte Kompositionen, farbig
in Malereien & Klebebildern - ohne den geringsten
persönlichen Einfluss meinerseits, nur die Bilder
an den Wänden können sie in etwa dirigiert
haben. Bestimmt aber [????] und bestätigt.
Ich werde wohl lange Zeit brauchen für
Ihre Gedichte. Und ich kann nicht viel Worte machen.
Aber ich sage Ihnen: Ihre Gedichte sind mir wichtig.
Ich kenne sonst nur den Essayist Ernst Jünger,
den Prosaist Gerd Gaiser (sehr in Auszug). Die
Literatur von heute natürlich, nicht aberak zur
Allgemeinbildung sondern als Gefährte in
meiner Einsamkeit. Da ist im wesentlichen
weniger Trennung als unter Kollegen, man
kommt so schwer über dem Vorderungen des Per-
sönlichen hinweg, im Gespräch.
Dieser Tage wird mich Kurt Georg Becker
besuchen. Er macht ein grosses, 4 teiliges Wand-
bild für eine Schule bei einen Freund von mir,
der das Bild, auf viele kleine Platten gemalt,
nach und nach in seiner Keramik-Werkstatt
brennt. Diese Werkstatt ist 10 km entfernt
von hier; auch Grieshaber, Max Ackermann u.a.
führen dort ihre Aufträge für Majolika-Wandbilder
aus. Becker ist noch figürlich, kommt daher
für Ihre Galerie nicht im frage. Ackermann ist
für Sie zu akademisch. Müller Hufschmied (ein
Malerfreund) wäre für Sie eine Gewinn, aber er ist
ganz ausstellungsfeindlich geworden, auch zu alt
schon um sich um Erfolg oder Verkauf auch mir
noch im geringsten zu kümmern. Lebt äusserst
bescheiden. Wenn ich ihm demnächts sehe, will
ich ihm von Ihrer Galerie und Planen selbst erzählen.

Meine Londoner Ausstellung (herzlichen Dank
für Ihre guten Wünsche!) wird spätestens im
Herbst sein, ich habe nur die Zusage, aber noch
keinen Termin bekommen. Gerne werde ich dann
Herrn Zibrandtsen eine Karte schicken mit Dank

für seine gute Kritik, vielleicht schon vorher,
anlässlich der Ulmer Ausstellung. Vorläufig
reicht mir's mit Ausstellungen. Mit Paris
will ich noch 1 Jahre warten. Dort will ich keine
kunstwerkkritischen Bilder dabei haben, will
auch keine mehr malen. Drei Ausstellungen
im Jahr, das ist viel, viel Ablenkung und
Unterbrechung der Arbeit, die im Fluss bleiben
wollte.
Vielen Dank auch für die Karte Ihrer
Bohbot-Ausstellung! Sehr gut gemacht mit
dem Cocteau-Zitat in Faksimile; werden Sie
mir Ihre Karten immer schicken? Man
sollte glauben, dass die Bedeutung Ihrer Galerie
Ihrer Unternehmungen, Ihrer belegten [?] Erfolge
doch anerkannt werden - sogar von dass
[???] und [???] [???] - durch die not-
wendige Formalität der Aufenthalls Geneh-
migung (welch ein Wort!). Aber: (Ent-
schuldigen Sie, lieber Herr Köpcke) es ist besser,
oft, es wird einem ein wenig zu schwer gemacht,
als zu leicht! ( Benn wünscht in einen Brief
an einen begabten jungen Dichter "[???]
über Ihr Haupt" ) So weit will ich nun gerade
nicht gehen - Kampf gegen Windmühlen
ist ja auch [???] [???]. Also ich schicke
Ihnen den Daumen.
Die Einheit Ihrer musischen und Ihrer
geschäftlichen Bemühungen versprechen -
für mein Gefühl - unbedingt den Erfolg.
Und den wünsche ich Ihnen von Herzen.
Wir bleiben in Kontakt - nicht war?
Ein [???] Dank für die gute Zusammen-
arbeit, auch Ihrer Gattin, und all gute Wünsche
von Ihren
Werner Höll

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tysk

Reutlingen
København
Max Ackermann
Curth Georg Becker
Gottfried Benn
Eric Bohbot
Jean Cocteau
Gerd Gaiser
HAP Grieshaber
Ernst Jünger
Willi Müller-Hufschmid
Jan Zibrandtsen
  • London
  • Ulm
  • Paris

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