Arthur Køpckes Arkiv
1959-5
Sender
Werner Höll
Recipient
Arthur Køpcke
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Transcription
Reutlingen 5. 59
Lieber Herr Koepcke,
vielen Dank für Ihre guten
Wünsche zur Ulmer Ausstellung. Da Sie
eine Kritiken gebeten haben, schicke
ich Ihnen die erste, deren ich [?]
werden konnte. Anderen werden wohl
noch folgen, so bald die Bissier-Aus-
stellung eröffnet ist, sie hat sich etwas
verspätet, weil die Handwerker mit der
Renovierung des III Stockes im Museum
nicht fertig würden.
Wie sie sehen, setzt der Kritiker
viel voraus, er selbst bringt auch er-
staunlich viel Sachkenntnis mit; für
eine kleine Stadt wie Ulm ist das [?]-
[?], aber man muss bedenken, dass
dort die Hochschule für Formgestaltung
von Bill ist, an der Vordemberge-
Gildewart lehrt, wo auch die aktuellen
Probleme diskutiert werden. Also
legt der Kritiker auch die strengsten
Massstäbe an und das wünscht sich
ja ein Maler: er möchte ernst
genommen werden. Mir ist diese
Kritik ebenso wertvoll wie jene von
Herrn Zibrandtsen, die ich auch sehr
schätze obwohl er weniger kritisch schrieb.
Die Uneinheitlichkeit der Auswahl
meinen dort ausgestellten Bilder ist tat-
sächlich, obwohl nicht so auffallend
wie es der Kritik nach scheint. Sie kommt
aber daher, weil ich eben noch immer
sehr wenig Bilder habe, weil ich eben
tatsächlich in diesen ersten Jahren
meiner abstrakten Malerei seit 1954
von Anfang an meine Ausdruck und
mein Können erarbeiten musste.
Jedes Bild muss alle mir unmög-
lichen Qualitäten der malerischen
Mittel und Möglichkeiten enthalten,
also konzentriches Arbeiten und
nicht bloss etwas interessantes, persön-
lich lyristisches hinmalen, sondern
ein_Bild_malen - und dass heisst sehr
viel! In diesem Sinn mache ich
den heutigen Kunstbetrieb in
der abstrakten Malerei nicht mit.
Es wird zu viel produziert heute und auch
betriebsam ausgestellt und wenn man
strenge Massstäbe anlegt, dann
fällt diese schnellfertige Quick-Malerei
zu einer Bedeutingslosigkeit zusammen,
dass man sich wundert wie mit ihr
so eine merkantile Betriebsamkeit
überhaupt möglich ist - Die Antwort:
der Hunger nach Publicity! Maler
sind eitel, nicht das Geld, der Tagesruhm
ist es, die sie suchen und der sie zu Schau-
spieler oder Nachahmer macht.
-2-
Wenn man nun weiss, welche
Schinderei es macht, einen Bildraum
klassisch zu gestalten so dass er
substantiel wie eine Manier wirckt
und doch noch lebendig, spontan
entstanden zu sein scheint, dann
kann man (meine Freunde wohl) verstehen, dass sie in
dieser Besprechung, der Erfolg meiner
Bemühungen bestätigt wird. Von
einer pariser Ausstellung und Kritik
erwarte ich mir nicht so viel [?] -
dort steht die [?] im Vordergrund,
die Routine, das Angebot an Aus-
stellungen wächst ja auch den Kritikern
übern Kopf.
Was die unbewussten Einflússe
betrifft, von denen der Ulmer Kritiker
spricht, so kann er damit durchaus
recht haben - aber schliesslich leben
wir Maler heute international im
gleichen Raum und atmen die gleiche
Atmosphäre des 20. Jahrhunderts so
dass sogar ganz gleiche Ausdrucksformen
an verschiedenen Orten der Erde zu
gleiche Zeit auftreten. Sogar Goethe
betont, dass 80 % unserer Persön-
lichkeit durch Tradition bestimmt
wird - mit dem Rest muss man sich
bescheiden, das Originale der 20 %
macht kaum das ganze Bild zum
Original.
So viel über meinen Raum. Was
Sie betrifft, liebe Herr Koepcke, so freut
es mich sehr, dass Sie offenbar
trotz aller Bürokratie die Position
in Kopenhagen halten - und ich
beglückwünsche Sie dazu. Auch
haben Sie offenbar immer wieder
interessante und gute Künstler in
Ihrer Galerie; dass danken Sie gewiss
auch zum Teil Nicolaus. Nun Paris
ist ja auch ein unerschöflliches
Reservoir für Sie.
Übrigens habe ich vor gleich Anfang
Juni nach Paris zu fahren für ein
paar Tage - obwohl ich Eindruck und
Orientierung jetzt nicht mehr so nötig
habe als bis letztes Jahr noch. Ich
könnte mich jetzt ganz gut für ein
paar Jahre in Reutlingen hermetisch
abschliessen mit meiner Malerei.
Doch ist Paris so etwas wie Heimat für
mich geworden. Falls Sie zufällig
zur selben Zeit dort reisen wollten, lassen
Sie es mich bitte wissen. Und vergessen
Sie bitte nicht mir Ihre Karten zu
schicken, Ihre Arbeit interessiert
mich sehr.
Mit allen guteb Wünschen
und [?] auch an Ihre Gattin
Ihr
W. Höll
PS das in der Kritik wie auch von Dr. Pée besonders
hervorgeschobene Bild "Im blauen Raum" hatten
Sie auch in Ihrer Ausstellung.
Facts
PDFtysk
Der er kun angivet måned og år, ingen dag, på brevet.
Julius Bissier
Johan Wolfgang von Goethe
Egon Karl Nicolaus
Herbert Pee
Friedrich Vordemberge-Gildewart
Jan Zibrandtsen
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